Das Gesundheits- und Umweltargument

Tierethik & Veganismus · June 1, 2021

Einleitung

Ich hatte euch vorhin angekündigt, dass ich heute ausführlich erklären möchte, warum ich weder auf ökologische noch auf gesundheitliche Argumente zurückgreife, wenn es um den Veganismus geht. Die Basis solcher Argumente ist die Überzeugung, dass der Veganismus einerseits die gesündeste Ernährungsweise und andererseits der umweltschonendste Lebensstil sei. Die zentrale Frage lautet also: Lässt sich das behaupten?

Bevor ich auf diese Frage eingehen kann, muss ich jedoch nochmal sicherstellen, dass wir alle denselben Ausgangspunkt haben. Also: Was ist der Veganismus? Ich zitiere die Definition der Vegan Society, also der Gesellschaft, die dafür verantwortlich ist, dass wir diesen Begriff überhaupt haben (Übersetzung durch mich):

„[Der Veganismus] ist eine Philosophie und eine Lebensweise, die danach strebt, alle Formen der Ausbeutung von und Grausamkeiten gegenüber Tieren – sei es für die Ernährung, für Kleidung oder für irgendeinen anderen Zweck – so weit wie möglich und praktisch durchführbar zu vermeiden.“

Es sind 4 Punkte entscheidend:

  1. Philosophie: Mit Philosophie ist hier eine ethische Haltung gemeint. Der Veganismus ist also ein ethisches Anliegen.
  2. Ausbeutung: Ausbeutung ist UNGERECHTE Nutzung.
  3. Grausamkeit: Grausamkeit ist das gezielte Schaden-Wollen, ist das intentionale Zufügen von Schmerzen usw.
  4. So weit wie möglich …: Es geht darum, das absolute Ausbeutungsminimum anzustreben. Da der Veganismus eine LEBENS- und keine STERBENSweise ist, verbietet er folglich nicht automatisch jede Tiernutzung (wenn z.B. sonst kein Überleben möglich wäre).

Das heißt: Wenn jemand aus Versehen auf einen Käfer tritt, ist das nichts, was den Veganismus irgendwie berühren würde. Es ist bedauerlich, aber nicht das, worum es geht. Wenn so etwas passiert, war weder Ausbeutung (ungerechte Nutzung) noch Grausamkeit (Schaden-Wollen) im Spiel. Man müsste jetzt lange darüber reden, was sich ethisch aus den eingeräumten Spielräumen ergibt, aber in diese Untiefen müssen wir uns heute nicht begeben.

Die Argumentation

Wir können also festhalten: Es geht dem Veganismus in aller Kürze darum, Tierausbeutung so weit wie möglich zu vermeiden. Da wir jetzt alle dieselbe Ausgangslage haben und keine abweichenden Veganismus-Vorstellungen das gemeinsame Nachdenken blockieren, kann ich euch meinen ‚Fahrplan‘ für die Argumentation geben.

  1. Das Gesundheitsargument ethisch betrachtet
  2. Das Gesundheitsargument ernährungswissenschaftlich betrachtet
  3. Das Umweltargument ethisch betrachtet
  4. Das Umweltargument naturwissenschaftlich betrachtet
  5. Erwartbare Einwände/Kritik

Bevor ich gleich mit 1.) beginne noch eine Klarstellung: Mir ist sehr, sehr bewusst, dass die folgenden Ausführungen provokativ sein werden, weil sie dem widersprechen, was die vegane Szene sonst ganz direkt behauptet oder doch zumindest suggeriert. Wenn ihr mir aufzeigen wollt, warum ich irre: Bitte lest meine Ausführungen erst wirklich aufmerksam durch und schickt mir nicht einfach argumentlose Flüche in den Privatnachrichten. Ihr wollt mich überzeugen? Dann schickt mir saubere Argumente.

1.) Das Gesundheitsargument ethisch betrachtet

Ich möchte hier an dieser Stelle zwei Einwände formulieren.

Der erste Einwand: Da der Veganismus darauf abzielt, sämtliche Tierausbeutung zu vermeiden, kann das Gesundheitsargument den Veganismus prinzipiell nicht stützen, weil es zum Beispiel die Ausbeutung zu Kleidungszwecken oder im Zirkus nicht abdecken kann. Es gibt auch keinen prinzipiellen Grund, aus Gesundheitsgründen darauf zu verzichten, Tieren gegenüber grausam zu sein. Das Gesundheitsargument ist also zwangsläufig unvollständig; es kann nicht erfassen, was es erfassen müsste.

Der zweite Einwand: Wer das Gesundheitsargument für den Veganismus formuliert, tut damit unbemerkt etwas, was wir in anderen Kontexten sofort als abartig erkennen würden: Das Gesundheitsargument marginalisiert die Ungeheuerlichkeiten, die wir uns Tieren gegenüber erlauben, indem es Täter als Opfer in den Fokus rückt.

Um zu verstehen, warum das der Fall ist, ist es hilfreich, genauer zu betrachten, was eigentlich argumentativ geschieht, wenn Veganer tierische Lebensmittel direkt oder implizit als grundsätzlich gesundheitlich abträglich brandmarken. Das ‚pro-vegane‘ Argument könnte am Beispiel von Krebs so formuliert werden: „Wenn Menschen auf den Konsum von tierischen Lebensmitteln verzichten, dann senken sie ihr allgemeines Risiko, an Krebs zu erkranken und zu sterben.“

Sobald bedacht wird, dass der Konsum tierischer Lebensmittel in ‚westlichen Gesellschaften‘ in nahezu allen Fällen mit Ausbeutung einhergeht, fällt auf, dass bereits hier – vor jeder Begründung für das Behauptete – etwas Bedeutsames geschehen ist: Während Fleisch, Eier, Milch und Co. so angesprochen sind, als würde es sich dabei einfach nur um Lebensmittel wie Kartoffeln oder Äpfel handeln, erscheinen diejenigen, die durch ihren Konsum für diese Ausbeutung verantwortlich, also Täter sind, lediglich als mögliche Opfer (von Krebs). Dieses Problem lässt sich durch eine Umformulierung beheben, ohne die ursprüngliche Aussage zu verfälschen:

„Wenn Menschen aufhören, dafür zu zahlen, dass Tiere für ihren Konsum ausgebeutet werden, verringern sie ihr Risiko, aufgrund ihrer Ernährung an Krebs zu erkranken und zu sterben.“ Obwohl das von ‚Gesundheitsveganern‘ genutzte Argument sachlich vollkommen intakt geblieben ist, lässt sich doch kaum bestreiten, dass seine ‚Anziehungskraft‘ unter der Einbeziehung der zuvor ausgeblendeten Opfer deutlich gelitten hat.

Um noch stärker zu verdeutlichen, was hier das Problem ist und warum das Argument plötzlich den Eindruck vermittelt, dass hier ‚etwas nicht richtig ist‘, kann man das Argument noch weiter vereinfachen, ohne die Aussage zu beschädigen: Wenn Menschen auf die verwerfliche Handlung X verzichten, ergibt sich für sie der positive Nebeneffekt Y.

Handelt es sich hierbei um eine Überzeugungsstrategie, die wir in anderen Kontexten für akzeptabel halten würden? Sollte man sich dagegen aussprechen, dass Politiker nach unpopulären, aber notwendigen Entscheidungen mit Flaschen beworfen werden, weil beim Werfer eine Sehne im Arm reißen könnte?

Sollten Eltern ihre Kleinkinder nicht unbeaufsichtigt in einem Raum mit offenen Fenster spielen lassen, da sie so ihr Risiko senken können, traumatisiert zu werden? Welche Reaktionen würde es wohl auslösen, wenn ein gemeinnütziger Verein versuchen würde, die Anzahl von Vergewaltigungen zu senken, indem er ein solches Plakat in Großstädten anbringen lässt?

Kein Täter werden

Es kann davon ausgegangen werden, dass ein Aufschrei durchs Land ginge, wenn jemand versuchen würde, sich gegen Vergewaltigungen einzusetzen, indem er auf die Gesundheitsrisiken für die Täter verweist. Sollte sich ein Vergewaltiger bei der Tat infizieren, würden es womöglich viel eher zahlreiche Menschen für eine gerechte Strafe halten und Schadenfreude empfinden.

All diesen Beispielen ist gemein, dass ausgerechnet die Verantwortlichen bzw. Täter als Leidtragende im Mittelpunkt stehen; es geht dann nicht mehr um die eigentlichen Opfer, sondern um die selbstverschuldeten Konsequenzen für die Täter oder Verantwortungsträger.

Solche Argumente führen dazu, das Hauptproblem zu marginalisieren, indem sie suggerieren, dass überhaupt noch ergänzende Aspekte notwendig seien, als wäre das eigentliche Problem nicht Grund genug, eine Handlung zu unterlassen oder sein Handeln zu ändern. Aber wenn eine Handlung an sich verwerflich ist, dann sollte sie unterlassen werden, weil sie verwerflich ist - und nicht erst, weil irgendein zusätzlicher positiver Nebeneffekt lockt.

Niemand sollte erst von Vergewaltigungen absehen, weil er sein Risiko minimieren will, sich mit einer Geschlechtskrankheit zu infizieren, sondern weil sie für die Opfer schreckliche Leiden bedeuten, und Kinder sollten nicht erst deswegen nur unter Beaufsichtigung in Räumen mit geöffneten Fenstern spielen, damit Eltern weniger Gefahr laufen, traumatisiert zu werden, sondern weil Stürze aus dem Fenster für Kinder den Tod bedeuten und schwerste Verletzungen nach sich ziehen können.

Eine derartige Marginalisierung der Opfer wird im Humankontext höchstens bei weniger offenkundigen, harmlosen Fällen Aussicht auf Erfolg haben, jedoch scheint sie kaum einem Veganer aufzufallen, wenn es um das milliardenfache Ausbeuten von Tieren geht. Die Unangemessenheit solcher Versuche entgeht in diesem Kontext auch denen flächendeckend, die das tierethische Argument in den Vordergrund stellen und lange nichts Anderes folgen lassen.

Ich möchte daher eine sehr, sehr bittere Frage stellen: Was sagt es über uns aus, dass uns so etwas im menschlichen Kontext sofort als Abartigkeit auffallen würde, während es im Tier-Kontext quasi jeder Veganerin und jedem Veganer entgeht? Ich überlasse es euch, über diese Frage und den bitteren Ernst, mit der ich sie stelle, nachzudenken. Sicher ist nur eine Sache:

Jedes Mal, wenn wir das Gesundheitsargument formulieren, tragen wir damit nach außen, dass das, was wir den Tieren antun, nicht Grund genug ist. Es muss noch Vorteile für dich und mich haben, damit es reicht. Es fällt mir schwer, in Worte zu fassen, für wie fatal ich es halte, dass wir ständig unbemerkt diese Botschaft in die Welt tragen.

Kurz: Das Gesundheitsargument ist unvollständig, wenn es um den Veganismus geht – und es macht Tiere zu Opfern zweiter Klasse. Ihre Ausbeutung ist nicht für sich relevant genug, sondern es müssen erst noch Vorteile für den TÄTER dabei herumkommen. Folgt daraus nun, dass wir das Thema Gesundheit komplett verbannen sollten?

Natürlich nicht. Was daraus jedoch folgt: Der Aspekt Gesundheit sollte in dem Modus angesprochen werden, dass erklärt wird, wie es im Alltag funktioniert, worauf man achten muss. Eine mit dem Veganismus vereinbare Ernährung muss nicht die gesündeste sein, um die (ethisch) richtige Wahl zu sein. Sie muss nur schlicht gesund möglich sein. In dieser Hinsicht ist Aufklärung bitter nötig. Als Sorgen-Nehmen, als Hilfestellung-Geben, aber nicht als Mit-Vorteilen-Locken.

2.) Das Gesundheitsargument ernährungswissenschaftlich betrachtet

Es kann auch hier kein mit den Grundsätzen des Veganismus vereinbares Gesundheitsargument geben. Warum? Darum: Da der Veganismus seiner Definition nach darauf abzielt, die Ausbeutung von und Grausamkeiten gegenüber Tieren so weit wie möglich zu reduzieren, ergibt sich für das Gesundheitsargument – also die Haltung, dass eine ‚vegane Ernährung‘ am gesündesten sei – ein nicht auflösbares Problem:

Die Suche nach soliden Studien, die belegen, dass, um ein Beispiel zu geben, der Verzehr einer einzelnen Hühnerbrust im Monat einen nachteiligen Effekt auf die Gesundheit hat, wird gegenwärtig und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dauerhaft ergebnislos verlaufen. In anderen Worten:

Es lässt sich kein evidenzgestütztes Argument dafür anführen, dass der Konsum von tierischen Lebensmitteln aus gesundheitlichen Gründen so weit wie möglich reduziert werden muss. Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass tierische Lebensmittel allgemein eher gesundheitsschädlich sind, führt kein Weg an dem Zugeständnis vorbei, dass eine Hühnerbrust im Monat gesundheitlich bedeutungslos, der Verzehr aber aufgrund dieser Bedeutungslosigkeit immer als Ausbeutung einzustufen und demnach nicht ‚vegan‘ ist.

Das Gesundheitsargument kann folglich im besten Fall eine Reduktion des Konsums von tierischen Lebensmitteln ‚erzwingen‘; eine Vermeidung, die im Sinne der Veganismus-Definition so weit wie möglich geht, ist in dieser Hinsicht argumentativ grundsätzlich außer Reichweite. Solange Veganerinnen und Veganer nicht wollen, dass es gesellschaftlich akzeptiert bleibt, sich zum Beispiel jährlich den Weihnachtsbraten auf den Familientisch zu stellen, solange ist das Gesundheitsargument daher als erledigt zu betrachten. Es gehört auf die Mülldeponie für schlechte Argumente.

3.) Das Umweltargument ethisch betrachtet

Das Umweltargument behauptet, dass die Tierausbeutung aus Umweltgründen zu unterlassen sei. Daraus folgt, wenn man nur diese Perspektive einnimmt: Dort, wo die Tierausbeutung besser für die Umwelt ist, ist sie auch kein Problem. (Mehr dazu bei 4.))

Da wir keine Menschen ausbeuten, bloß weil es besser für die Umwelt ist, und da es kein überzeugendes Argument dafür gibt, Tiere grundsätzlich anders als Menschen zu behandeln, ist es auch unstatthaft, Tiere auszubeuten, wenn es besser für die Umwelt ist. (Siehe zur Erklärung dazu meinem Artikel „Warum vegan?“.) Das heißt: Auch das Umweltargument marginalisiert die Tiere, es macht sie zu Opfern zweiter Klasse. Auch ‚Umweltveganer‘ transportieren die Botschaft, dass Tiere so wenig wert sind, dass bei ihnen statthaft wäre, was bei Menschen als abstoßend empfunden wird.

4.) Das Umweltargument naturwissenschaftlich betrachtet

Haltet ihr Wildtiere automatisch für klimaschädlich? Ist ein Büffel umweltschädlich? Ein Reh? Ein Feldhase? Ein Wildschwein? Wenn nein: Unsere ‚Nutztiere‘ funktionieren noch immer genauso. Eine Kuh funktioniert nicht anders als ein Büffel, ein Mastkaninchen nicht anders als der Feldhase und das Mastschwein nicht anders als das Wildschwein.

Daraus folgt zwangsläufig: Solange ihr nicht dazu bereit seid, Wildtiere per se für klimaschädlich zu halten, solange könnt ihr auch ‚Nutztiere‘ nicht per se verteufeln. Es wird immer in einem kleinen Rahmen die Möglichkeit geben, ‚Nutztiere‘ wie Wildtiere zu halten. Warum es nicht das Tier an sich ist, welches das Problem ausmacht, sondern die Umstände, habe ich ca. im letzten Viertel des Story-Highlights „Q&A“ erklärt. Dort wird auch Methan thematisiert.

Wenn euch also das Thema klimaschädliche Gase und ‚Nutztiere‘ im Detail interessiert, schaut bitte dort rein. Grundsätzlicher ist folgender Einwand: Wenn ein Angler einen Fisch aus dem Wasser zieht, wenn ein Jäger ein Reh abknallt, dann belasten diese Handlungen das Klima nicht. Es kann sogar klimaschonender als ein gewöhnlicher Einkauf mit derselben Kalorienmenge sein.

Es ist folglich unmöglich, den Veganismus (so wenig Tierausbeutung wie möglich) über das Klimaargument zu begründen. Das Klimaargument kann genauso wie das Gesundheitsargument nur eine REDUKTION der Tierausbeutung begründen, aber nicht das absolute Ausbeutungsminimum. Solange Veganerinnen und Veganer nicht wollen, dass die Tierausbeutung in einem kleinen Rahmen dort okay ist, wo sie für das Klima gleichgültig oder manchmal sogar besser ist, solange müssen sie das Klimaargument als fehlgeleitet betrachten.

Dasselbe gilt für andere Aspekte des Umweltschutzes. Ja, unsere gegenwärtige Form der Tierausbeutung führt zur Vernichtung von Wäldern, belagert gewaltige Flächen, die sich durchaus auch anders nutzen ließen, belastet Gewässer usw. Aber das ändert alles nichts daran, dass auch hieraus nur eine REDUKTIONsnotwendigkeit abgeleitet werden kann, nicht aber das Ziel, die Tierausbeutung auf das absolute Minimum zu reduzieren. Das gilt für die Jagd, fürs Angeln, aber auch für die ‚Nutztier’haltung in einem kleinen Rahmen.

Auch das bei Veganern beliebte Wasserargument scheitert grundsätzlich. Wer einfach nur Regenwasser für seine Tiere auffängt, wer seine Tiere mit saftigem Grün ernährt (Kaninchen trinken dann nichts) wer angelt oder jagt, tut nichts, was irgendwie wassertechnisch problematisch wäre. Das absolute Ausbeutungsminimum lässt sich daher auch hier so nicht begründen. Es wird immer Möglichkeiten geben, Tiere so auszubeuten, dass es kein Wasserproblem gibt. Immer.

Die Schockerzahlen (15000l Wasser für ein Kilo Fleisch etc.), die ihr immer präsentiert bekommt, stellen „virtuelles Wasser“ dar. Bitte informiert euch einmal wirklich kritisch, warum „virtuelles Wasser“ je nach Kontext mal total bedeutsam und mal total unwichtig sein kann. Denn man macht sich schon seit Jahren darüber lustig, wie unkritisch Veganer diese Zahlen verwenden. Falls ich es euch lieber irgendwann erklären soll, meldet mir das bitte zurück. Notfalls zeige ich euch dann, was an diesen ganzen Schockerzahlen mit 15000l usw. faul ist.

Zusammenfassung: Auch das Umweltargument kann niemals alle Formen der Tierausbeutung problematisieren. Da es dem Veganismus aber um das absolute Ausbeutungsminimum geht, ist das Umweltargument aus einer veganen Perspektive als fehlgeleitet zu betrachten. Es kann eine Reduktion plausibel begründen, aber nicht das Minimum. Warum das Welternährungsargument ebenfalls scheitert, habe ich in meinem Artikel „Nicht jeder kann vegan werden“ schon einmal grob behandelt. Auch dieses Argument könnte das Angeln und Jagen im kleinen Rahmen nicht problematisieren. Es scheitert als Argument für den Veganismus.

Das einzige Argument, das wirklich dazu in der Lage ist, das absolute Ausbeutungsminimum zu begründen, ist das TIERETHISCHE. Alle anderen Argumente können eine (drastische) REDUKTION notwendig erscheinen lassen, aber nicht das Ziel des Veganismus. Das ist der Grund, warum ich niemals, absolut niemals anders für den Veganismus argumentiere als tierethisch. Die anderen Argumente machen Tiere zu Opfern zweiter Klasse, sie vermitteln, dass Tiere grundsätzlich weniger zählen. Die anderen Argumente sind faktisch nicht haltbar.

5.) Erwartbare Einwände/Kritik

Damit ich nicht in den erwartbaren Rückmeldungen ersticke (ich bringe diese Punkte seit Jahren), möchte ich abschließend noch kurz ein paar Punkte adressieren, mit denen ich sonst dutzendfach rechnen müsste:

  1. Nein, ich möchte damit nicht sagen, dass die aktuelle Form der Tierausbeutung und unsere aktuelle Ernährungsweise in Ordnung sind. Es geht mir streng logisch darum, was der Veganismus will: das absolute Ausbeutungsminimum, nicht nur eine drastische Reduktion.
  2. „Aber was ist, wenn Menschen nichts für Tiere übrig haben?“ Und? Sollen wir deswegen lügen? Sollen wir deswegen die Unwahrheit sagen? Wer so eine Person vor sich hat, sollte den Punkt dafür machen, warum ihr/ihm Tiere nicht egal sein dürften. Wie das geht, ist in meinem Artikel „Mir sind Tiere egal“ erklärt.
  3. „Aber das ist doch nicht realistisch! Wir essen aktuell so viel Tierisches – was zählen da die wenigen Tiere, die sich umweltschonend oder ohne gesundheitliche Folgen ausbeuten ließen!“ Hier wurde der Veganismus als ethisches Konzept nicht verstanden. Setzen. 6.
  4. „Aber die Umwelt- und Gesundheitsargumente machen so viele Menschen irgendwann auch zu ethisch motivierten Veganern!“ Bitte mein Story-Highlight „Über mich“ lesen.
  5. „Verschenken wir da nicht viel Wachstumspotenzial?“ Auch hier bitte mein Story-Highlight „Über mich“ lesen. Und: Nein. Solange (!) ihr REDLICHE Umwelt- oder Gesundheitsargumente machen könnt, solange könnt ihr Menschen auch zum Reduzieren bringen. Und Menschen, die bereits reduziert haben, haben es in der Regel auch leichter, den letzten Schritt zu gehen.

Ich möchte außerdem zu bedenken geben, dass wir immer und immer wieder in Befragungen sehen, dass das ethische Argument nicht nur die meisten Menschen gewinnt, sondern auch dabei bleiben lässt. Dass sich die vegane Szene so penetrant um egoistische Themen und um die Umwelt dreht, spiegelt die Motivlage nicht korrekt wider.

Damit ist diese lange, lange, aber aus meiner Sicht sehr wichtige Betrachtung an ihrem Ende angelangt. Wer den Veganismus ernst nimmt, wer mit Strenge an das hier analysierte Problem herantritt, kann meiner Einschätzung nach nur zu einem Fazit kommen: Veganismus = Tierethik. Punkt. Aus. Ende.

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