Christian Adam Dann

Tierethik & Veganismus · April 23, 2021

Das Zitat

„Vielleicht“, so entgegnete einst Jemand meinem gegen ihn ziemlich lebhaft ausgesprochenen Wunsch für mildere Behandlung der uns umgebenden Thiere - „vielleicht leiden sie weniger, als wir vermuthen.“
O ein verdächtiges Vielleicht, womit man überhaupt so oft seiner Pflicht aus Trägheit, Bequemlichkeits-Liebe, oder aus offenbar schlechten Absichten sich zu entziehen sucht. Nein! die Thiere leiden gewiß weit mehr, als wir denken, denn da die armen stummen Geschöpfe ihren Schmerz nicht aussprechen können, so müssen sie ihn ohne irgend eine Milderung dulden, während die Menschen sich durch Entdeckung desselben wohl Erleichterung zu verschaffen wissen.
Ja sehr oft wird es, besonders bey den Thieren, die sich in Heilungsanstalten befinden, vorkommen, daß bey der Unsicherheit, die Ursache ihrer Leiden aufzufinden, sie durch die verfehlten Versuche, ihm zu helfen, noch mehr zu leiden haben. Und dann sind ja die Thiere der geistigen Erleichterungsmittel beraubt, wodurch wir den allzuschweren Druck der Leidenslasten uns erleichtern können.

Christian Adam Dann (1758-1837)

Erläuterungen:

Christian Adam Dann berührt hier eine interessante Diskussion der Tierethik.
Leiden Tiere mehr als wir? Oder weniger?
Die Frage ist einerseits ohnehin kaum zu beantworten, da wir uns eben nicht in die Gefühlswelt eines Tieres versetzen, sondern nur auf indirekte Hinweise zurückgreifen können. Andererseits stehen wir vor dem Problem, dass sich in beide Richtungen plausible Argumente formulieren lassen. Menschen können ihre Leiden gedanklich einordnen und sich somit Linderung verschaffen, sie verstehen viele Situationen besser, sodass sie sie als weniger quälend/bedrohlich empfinden (man Vergleiche das Setzen einer Spritze bei einem Menschen mit dem bei einer Maus), aber sie können sich auch gedanklich in Stress versetzen, indem sie sich falsche Sorgen bereiten, indem sie Zukunftsängste haben usw. Schopenhauer ging sogar davon aus, dass das Leiden allgemein mit der Intelligenz zunehme, weswegen auch unter den Menschen die Genies am meisten leiden würden. Auf der anderen Seite könnte es auch sein, dass zumindest manche Tiere in gewisser Hinsicht ‚dumpfer‘ empfinden, aber es könnte auch genauso der Fall sein, dass sie Leid wesentlich heftiger wahrnehmen, da sie aufgrund der geringeren Verstandeskräfte stärkere ‚Warnungen‘ für eine Veränderung des Verhaltens benötigen. Mit anderen Worten: Die Frage ist nicht zu klären. Daher sollte Tieren aus Gerechtigkeitsgründen wenigstens eine gleiche Empfänglichkeit für Leid zugesprochen werden.

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